Das Landratsamt SOE übermittelte uns am 31.07.2024 sein Prüfergebnis zu unserer Aufsichtsbeschwerde betreffs Bauleitplanverfahren zum Bebauungsplan Nr. 31 „Gewerbegebiet Hühndorfer Straße“
Das Landratsamt kommt zu dem Ergebnis, dass für dieses keine beachtlichen Verfahrensfehler erkennbar sind.
Es teilt mit: „Zusammenfassend ergeben sich auf der Grundlage der erfolgten Prüfung der angezeigten Beschwerdepunkte und der hier vorliegenden Verfahrensakte keine ersichtlichen Gründe, die eine Rechtmäßigkeit der vorliegenden Satzung in Frage stellen können.“
Für den Verein nicht nachvollziehbar. dass hier tatsächlich kein beachtlicher Verfahrensfehler erkannt werden konnte. Sind doch die Verfahrensfehler aus unserer Sicht hier eklatant!
Wir forderten das Landratsamt hieraufhin zur nochmaligen sorgfältigen Prüfung auf.
Weiterhin setzten wir die Landesdirektion Sachsen als Rechtsaufsicht des Landkreises über die unseres Erachtens mangelhafte Prüfung in Kenntnis und erhoben Beschwerde gegen den Landkreis, der unseres Erachtens seiner Aufgabe, die Kommunalaufsicht effektiv wahrzunehmen, nicht nachkam.
Zu Pkt. 1: Fehlende Hinweise in der Bekanntmachung
Mit dem „Prüfergebnis“ wird seitens des LRA insbesondere Folgendes mitgeteilt:
„[…] Wesentlicher Punkt hierbei ist die Darlegung, dass eine ortsübliche Bekanntmachung erfolgen soll. Im Falle der Stadt Wilsdruff bedeutet dies, dass die ortsübliche Bekanntmachung auf Grundlage der Bekanntmachungssatzung der Stadt Wilsdruff (zuletzt geändert am 16. Juli 2016) erfolgen muss. Die ortsübliche Bekanntmachung ist dahingehend gemäß § 1 Abs. 2 der Bekanntmachungssatzung „[…] durch Aushang im Schaukasten“ […] vorzunehmen.
Der Aushang der Bekanntmachung erfolgte vom 14. Dezember 2023 bis 02. Februar 2024. In diesem wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, dass „während der Auslegungsfrist […] von Jedermann Stellungnahmen schriftlich oder zur Niederschrift in der Stadtverwaltung Wilsdruff, Bauamt, Nossener Straße 20 in 01723 Wilsdruff abgegeben werden [können]“. Die Veröffentlichung der Stadt Wilsdruff im Amtsblatt ist folglich ein „zusätzliches“ Informationsangebot. Die fehlende Angabe der Abgabemöglichkeit von Stellungnahmen während der Offenlage ist unglücklich, stellt jedoch keinen beachtlichen Fehler dar, der eine erneute Auslage erforderlich machen würde.“
Zunächst ist es erstaunlich, dass der Bürgermeister der Stadt Wilsdruff nicht bereits zur Stadtratssitzung vom 16.05.2024 mit einer Bekanntmachung über den Schaukasten, über welche die Stadt Wilsdruff ihrer Pflicht, auf Stellungnahmen hinzuweisen, nachgekommen sei, argumentierte. Vielmehr habe er auch auf Nachfrage hin nichts erwidert und auch zur Stadtratssitzung einen Monat später nur formelhaft vorgetragen, die Stadt habe keine Fehler gemacht.
Für den Fall, dass die Stadt Wilsdruff dem LRA im Rahmen der Anhörung eine Lichtbildaufnahme von der Bekanntmachung im Schaukasten zum Nachweis übermittelte, so baten wir das LRA um deren Übersendung.
Der Verweis auf den Schaukasten greift jedoch ungeachtet dessen nicht.
Zunächst zur im „Prüfergebnis“ zitierten Passage aus der Bekanntmachungssatzung:
Die einschlägigen Passagen der Bekanntmachungssatzung der Stadt Wilsdruff (https://www.wilsdruff.de/download/285 ) wären unserer Auffassung nach vollständig zu zitieren gewesen. Diese lauten nämlich u.a. wie folgt:
§ 1 Abs. 2 Geltungsbereich
Soweit durch Rechtsvorschrift die ortsübliche Bekanntmachung oder die ortsübliche Bekanntgabe vorgeschrieben ist, wird diese durch Aushang im Schaukasten vorgenommen. Der Schaukasten befindet sich […] Neben dem Aushang im Schaukasten kann die ortsübliche Bekanntmachung oder die ortsübliche Bekanntgabe auch gemäß § 2 vorgenommen werden.
§ 2 Abs. 1 Öffentliche Bekanntmachung
Öffentliche Bekanntmachungen der Stadt Wilsdruff erfolgen durch Abdruck im Amtsblatt […]
Sollte mit der Bekanntmachung im Schaukasten ein entsprechender Hinweis erteilt worden sein, so entsprach dieser erstaunlicherweise nicht inhaltlich dem der Bekanntmachung im Amtsblatt.
Es handelt sich im Übrigen bereits aufgrund der Überschrift „Bekanntmachung“ auch nicht um ein bloßes „zusätzliches Informationsangebot“ im Amtsblatt, sondern um eine amtliche Verlautbarung. Sie wurde in der mit rot unterlegter Überschrift „Öffentliche Bekanntmachungen“ bezeichneten Rubrik des Amtsblatts aufgeführt (https://www.wilsdruff.de/media/4030 ). Unter der Bekanntmachung steht „Ralf Rother Bürgermeister“ (S.5). Der amtliche Charakter ist nicht zu verkennen. Es konnte zudem von der Öffentlichkeit kaum erwartet werden, dass diese davon ausgeht, dass noch eine weitere inhaltlich umfangreichere Bekanntmachung vorliegt. Anderes anzunehmen, wäre lebensfern.
Es ist zudem seit Jahren gängige Verwaltungspraxis der Stadt Wilsdruff, dass diese Bekanntmachungen gem. § 3 II BauGB im Amtsblatt veröffentlicht werden.
Zum Nachweis:
AB 22/2017 Bekanntmachung, öffentliche Auslegung entsprechend § 3 Abs. 2 BauGB zum Entwurf der Ergänzungssatzung „Am Kirschberg“ Seite 10 https://www.wilsdruff.de/media/1007
AB 25/2018 Bekanntmachung, öffentliche Auslegung Bebauungsplan Nr. 30 „Talblick – Braunsdorf“, Planfassung vom Oktober 2018 Seite 11 https://www.wilsdruff.de/media/1625
AB 03/2020 Bekanntmachung, öffentliche Auslegung Entwurf der Ergänzungssatzung „Flst. 103/32, Gemarkung Oberhermsdorf“ Seite 9 https://www.wilsdruff.de/media/2060
AB 10/2022 Bekanntmachung Bebbaungsplan Nr. 33 „Freitaler Straße – Kleinopitz“ öffentliche Auslegung Seite 10 https://www.wilsdruff.de/media/3315
AB 25/2021 Bekanntmachung, Aufstellungsbeschluss und öffentliche Auslegung entsprechend § 3 Abs. 2 BauGB Entwurf der Ergänzungssatzung „Oberstraße – Schmiedeweg“ in Kaufbach Seite 7 https://www.wilsdruff.de/media/3106
AB 25/2023 Bekanntmachung, Ergänzungssatzung „Oberhermsdorf – Hauptstrasse“ Aufstellungsbeschluss und Veröffentlichung im Internet entsprechend § 3 Absatz 2 BauGB Seite 6 https://www.wilsdruff.de/media/4030
Diese Bekanntmachungen enthielten regelmäßig den Hinweis auf die Möglichkeit der Abgabe von Stellungnahmen. Dieser maßgebliche Punkt „Verwaltungspraxis“ wurde im Rahmen der „Prüfung“ offenbar nicht ansatzweise geprüft, obgleich besonders erheblich und maßgeblicher, als der Inhalt der Bekanntmachungssatzung. Das auch online einsehbare Amtsblatt ist hier das entscheidende Medium der Wilsdruffer und nicht der Schaukasten. Die 90er Jahre sind längst überwunden. Hier hätte es seitens des LRA nur eines Blickes in die Amtsblätter der letzten Jahre bedurft, um eine entsprechende Verwaltungspraxis zu erkennen. Über das Amtsblatt der Stadt Wilsdruff erfolgen seit einigen Jahren bereits die Bekanntmachungen gem. § 3 II BauGB, über dieses informieren sich die Bürger. Das ist insbesondere auch der Stadt Wilsdruff bekannt.
Warum die Bekanntmachung zum B-Plan Nr. 31 im Amtsblatt inhaltlich weniger umfangreich ausfiel und um wesentliche Aspekte ausgesparter veröffentlicht wurde, als es die Bekanntmachung im Schaukasten gewesen sein soll, ist im Übrigen nicht nachvollziehbar. Klar ist, dass damit niemand rechnete.
Auch unser Argument, dass der Hinweis in einer anderen Bekanntmachung auf S. 6 desselben Amtsblatts (https://www.wilsdruff.de/media/4030) enthalten war, wurde im Rahmen der Prüfung offenbar nicht berücksichtigt. Dass dies beim Amtsblattleser den Eindruck erweckte, dass Stellungnahmen im Zusammenhang mit der Ergänzungssatzung „Oberhermsdorf Hauptstraße“ zulässig sind, nicht jedoch im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan Nr. 31, drängt sich bei verständiger Betrachtung auf.
Wir baten das Landratsamt um Mitteilung, ob die Stadt Wilsdruff im Rahmen ihrer Stellungnahme tatsächlich mitteilte, dass sie ihre Bekanntmachungen gem. § 3 II BauGB regelmäßig lediglich über den Schaukasten veröffentlicht.
Zu Pkt. 2: Abschreckende Wirkung durch Veröffentlichung personenbezogener Daten
Das „Prüfergebnis“ des LRA hierzu lautet wie folgt:
„[…] Die sich aus der vorliegenden Beanstandung ergebene Beschwerde über die Veröffentlichung personenbezogener Daten bezieht sich darüber hinaus auf das Bauleitplanverfahren Nr. 33 „Freitaler Straße Kleinopitz“ und kann dergestalt nicht pauschal auf das hier gegenständliche Bauleitplanverfahren übertragen werden.“
Es wurde trotz unserer umfassenden Begründung seitens des LRA offenbar lediglich eine Pauschalisierung und kein Zusammenhang zum Bauleitplanverfahren B-Plan Nr. 31 erkannt.
Noch einmal:
Der Bürgermeister der Stadt Wilsdruff teilte zur Stadtratssitzung am 25.05.2023 mit, vom Datenschutzbeauftragten der Stadt Wilsdruff prüfen lassen zu wollen, ob die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten zulässig war. Von diesem Tag an hat sich die Stadt Wilsdruff nicht mehr konkret zum Sachverhalt erklärt, vielmehr waren die Stellungnahmen einschließlich der personenbezogenen Daten der Bürger noch bis Mai 2024, also für fast ein Jahr, für jedermann weltweit online einsehbar. Selbst, als die Stadt Wilsdruff spätestens im Januar 2024 seitens der Sächsischen Datenschutzbeauftragten in dieser Angelegenheit angehört wurde, erfolgte keine öffentliche Verlautbarung der Stadt Wilsdruff in dieser Angelegenheit. Selbstverständlich mussten die Bürger der Stadt Wilsdruff daher bei lebensnaher Betrachtung davon ausgehen, dass sich eine derartige Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem zeitlich darauffolgenden Bauleitplanverfahren zum B-Plan Nr. 31 zu wiederholen droht.
Wir hatten dem LRA in diesem Zusammenhang einschlägige Rechtsprechung mitgeteilt. Auch hier wurde die Problematik in ihrer Brisanz im Rahmen der „Prüfung“ durch die Aufsichtsbehörde offenbar nicht ansatzweise erfasst.
Offenbar wird die Stadt Wilsdruff nun auch nachdem dem LRA die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten der Bürger zur Kenntnis gelangte, nicht einmal jetzt dazu angehalten, sich hierzu öffentlich konkret in geeigneter Art und Weise für jedermann lesbar, – das Amtsblatt als wesentliches Medium bietet sich hier besonders an – zu erklären, so dass die Bürger Gewissheit erhalten, dass die Veröffentlichung rechtlich nicht zulässig war, sich dergleichen nicht wiederholen wird und Namen und Anschriften der Stellungnehmenden für die Zukunft vertraulich behandelt werden.
Die Veröffentlichung von Namen und Anschriften im Internet betrifft unserer Auffassung nach die Persönlichkeitsrechte (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1. Abs. 1 GG – Selbstdarstellung) und entfaltet hierdurch eine immens abschreckenden Wirkung. Die Sensibilität, dies zu erkennen, hätte vorhanden sein müssen.
Zu Pkt. 3: Irreführende Bezeichnung des Bebauungsplans
Das „Prüfergebnis“ des LRA hierzu lautet in auffälliger Kürze wie folgt:
„Gemäß BauGB sind Bauleitpläne öffentlich bekanntzumachen. Dabei muss die Bekanntmachung von Bauleitplänen grundsätzlich so aufgebaut sein, dass der interessierte Bürger einen Anstoß erhält, sich über die angedachte Planung informieren zu wollen und wenn notwendig, Einwendungen vorzubringen (sog. Anstoßfunktion).
Damit eine Bekanntmachung diese Anstoßfunktion erfüllen kann, muss grob Aufschluss über das angedachte Planungsvorhaben geben werden. Hierzu genügt es, wenn eine schlagwortartige Bezeichnung des Planungsgebiets sowie dessen räumliche Einordnung aufgezeigt wird. Beides wurde im vorliegenden Fall durch die öffentliche Bekanntmachung abgebildet.“
Auf die Problematik der irreführenden Bezeichnung durch die Bezeichnung als „Gewerbegebiet Hühndorfer Straße“ wurde nicht in Ansätzen eingegangen. Ein Areal als Gewerbegebiet zu bezeichnen, obwohl dieses maßgeblich ein Industriegebiet darstellt, hat mit unseres Erachtens mit der Erfüllung der Anstoßfunktion nichts zu tun, sondern vermittelt dem Bürger lediglich einen falschen Eindruck der klar zur Irreführung geeignet ist.
Anbei: Das an das Gebiet B-Plan Nr. 31 nordwestlich angrenzende Areal fällt unter die Bezeichnung Bebauungsplan Nr. 2 „Gewerbe- und Industriegebiet Hühndorfer Höhe“ – rechtskräftig seit 03.09.1998. Damals wurde offenbar die Notwendigkeit erkannt, in der Bezeichnung die korrekte Art der baulichen Nutzung aufzuzeigen. Warum bei dem B-Plan Nr. 31 plötzlich hiervon abgewichen wird, macht stutzig.
Zu Pkt. 4: Widersprüchliche Angaben zur Art der baulichen Nutzung
Das „Prüfergebnis“ des LRA hierzu lautet wie folgt:
„Die widersprüchliche und fehlerhafte Flächenzuordnung in der Planzeichnung zu dem Bebauungsplanentwurf in der Fassung vom September 2023 wurde im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach § 4 Abs. 2 BauGB durch das Landratsamt mit Stellungnahme vom 31. Januar 2024 ebenfalls moniert.
In Folge der Auswertung und Abwägung des eingegangenen Abwägungsmaterials, welches durch die Stadt Wilsdruff bzw. das beauftragte Planungsbüro … [Namen wg. Datenschutz von uns entfernt] (Beschlussfassung zur Abwägung am 16. Mai 2024), bereitgestellt wurde, kann festgehalten werden, dass die Planzeichnung entsprechend den Forderungen korrigiert wurde. In der Satzungsfassung sind die entsprechenden Flächenzuweisungen richtig erfasst.“
Dass hier womöglich § 4a BauGB einschlägig sein könnte, wurde nicht einmal kurz erörtert.
§ 4a Abs. 3 BauGB
Wird der Entwurf des Bauleitplans nach dem Verfahren nach § 3 Absatz 2 oder § 4 Absatz 2 geändert oder ergänzt, ist er erneut nach § 3 Absatz 2 im Internet zu veröffentlichen und sind die Stellungnahmen erneut einzuholen, es sei denn, die Änderung oder Ergänzung führt offensichtlich nicht zu einer erstmaligen oder stärkeren Berührung von Belangen.
Die Planzeichnung wurde durch die Korrektur geändert. Erst nach Korrektur konnten die Bürger tatsächlich erkennen, welche Fläche des Plangebiets Gewerbefläche und welche eingeschränkte Gewerbefläche darstellt. Es ist nicht unerheblich, auf welcher der Planflächen Solarmodule ihren Platz finden sollen und auf welcher ein Konferenzgebäude mit einer Höhe von 16m entstehen soll, dessen Errichtung mit einer umfangreichen Versiegelung und, wie sich nun erst klar aus der Planzeichnung zusammen mit der Zeichenerklärung ergibt, mit einer ästhetischen Entwertung des Aussichtpunkts der Wilsdruffer an der Hühndorfer Höhe verbunden ist. Allein aus diesem Grunde hätte unseres Erachtens bereits eine erneute Auslegung erfolgen müssen.