Schmetterlingsfotograf und -kenner Jörg Kuhbandner liefert mit dem folgenden Text eine Antwort auf die Frage, wie sich Schmetterlingen ein Lebensraum in unseren Gärten schaffen und sich so ein Beitrag zum Erhalt der Arten leisten lässt.

„Schmetterlinge sind Wunder. Wir sollten sie nicht verschwinden lassen aus unserer Welt.“ Josef H. Reichholf

In Wechselwirkung mit Klimaveränderungen erleben wir ein Artensterben in Flora und Fauna. Diese wissenschaftlich bewiesenen Tatsachen werden von unterschiedlichsten Interessengruppen benutzt und politisch vereinnahmt oder geleugnet. Ein sichtbares Zeichen ist das Verschwinden der Schmetterlinge, einer besonders schönen filigranen und phantastischen Spezies aus dem großen Reich der Insekten. Schmetterlinge sind nicht nur schön anzusehen, sondern sie haben auch eine wichtige Funktion in unserem Ökosystem. Sie sind Bestäuber und Nahrung für Vögel, Fledermäuse sowie andere Tiere. Sie sind ein Indikator für den Zustand unserer Natur. Wir sehen immer weniger von diesen Gauklern der Lüfte. Jeder etwas naturverbundene Mensch kann das bestätigen.

Großer Kohlweißling an Fliederblüte- Foto: Jörg Kuhbandner

Was können wir für Schmetterlinge tun? Schmetterlinge schützen heißt ihre Lebensräume erhalten. Wenn wir die großen Naturräume betrachten, intensiv landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, sehen wir dort schon keinen Schmetterling mehr fliegen. Die Natur wird auf vielen Flächen massiv zurückgedrängt und zerstört. Monokulturen, Pestizideinsatz und Überdüngung bestimmen das Bild und erhalten unseren scheinbaren Wohlstand zum Beispiel mit billigen Lebensmitteln. Flächenverbrauch und Versiegelung wachsen stetig. Es scheint, wir stehen in einem gesellschaftlichen Interessenkonflikt ziemlich ohnmächtig da und sind selbst an dieser Negativ-entwicklung beteiligt. Doch Veränderungen beginnen immer im Kleinen. Zum Beispiel könnten sie in unseren Gärten beginnen.

Mit einem Garten hat man sich ein Stück Natur gekauft bzw. geliehen und ist für Tiere und Pflanzen verantwortlich. Die Entstehung des Gartens geht in der Menschheitsgeschichte weit zurück. Anbauflächen und Tierhaltung bestimmten immer seine Nützlichkeit. Heute kennen wir die unterschiedlichsten Gartentypen – Kräutergarten, Gemüsegarten, Obstgarten oder auch Barockgarten, Japanischer Garten, Zengarten. Die Aufzählung lässt sich fortsetzen. Der Garten dient der Entspannung und Erholung. Bleiben wir beim Hausgarten. Hier regieren wir und bestimmen, wie er auszusehen hat. Und da gehen die Meinungen weit auseinander, was wir aus diesem Stück Natur machen. In unserer auf Effizienz ausgerichteten Gesellschaft sollte der Garten pflegeleicht und repräsentativ sein. Der Garten umrahmt das Haus und grenzt zum Nachbarn ab. Etwas mehr Natur zulassen, steht oft dem Ordnungssinn entgegen. Ein Garten spiegelt so immer das Wesen seines Besitzers wider.

Rechnen wir die Fläche aller Privatgärten zusammen, ist sie viel größer als die Fläche der in Deutschland ausgewiesenen Naturschutzgebiete. Wir sollten uns bewusst sein, dass wir so mit unseren eigenen kleinen Refugien, den überdüngten und versiegelten Flächen schon etwas entgegenzusetzen hätten. Hier ist jeder Gartenbesitzer gefragt, wie er seiner Verantwortung für sein Stück Natur gerecht wird. Wir können versuchen, einigen Tier- und Pflanzenarten einen Rückzugsort zu bieten.

Der Schmetterling im Garten soll dafür als Symbol stehen. Wir sind gerade dabei etwas zu verlieren. Jedes Kind begeistert die Metamorphose des Schmetterlings. Ein Geheimnis, was wissenschaftlich immer noch nicht völlig erklärbar ist. Im eigenen Garten kann es erlebbar werden.

Taubenschwänzchen an Schmetterlingsflieder – Foto: Jörg Kuhbandner

Etwas für Schmetterlinge zu tun ist eigentlich ganz einfach. Jeder denkt sofort an den Schmetterlingsflieder, auch Sommerflieder genannt. Seine wunderschönen und duftenden Blütenstände locken alle möglichen Insekten und besonders Schmetterlinge an. Wenn auch nicht völlig naturschutzkonform, kann das Anpflanzen eines Sommerflieders für unsere Schmetterlingswelt nützlich sein. Trotz, dass es sich bei diesem Blütenstrauch um eine eingewanderte und vielerorts auch als invasive Art bezeichnete Pflanze handelt, überwiegt doch der Nutzen für nektarsuchende Insekten und uns Gartenbesitzer. So sind hier fast alle Schmetterlinge der Umgebung aus nächster Nähe zu beobachten und dekorativ sieht er auch aus. Zu einem blühenden Garten gehören Wildblumen genauso wie viele Zier- und Nutzpflanzen, die mit ihren Blütenständen Insekten und Schmetterlinge anlocken und damit als Nektarquelle dienen. Bei der Auswahl der Blühpflanzen ist darauf zu achten, dass zu fast jeder Jahreszeit Blüten von Insekten benötigt werden. Also versuchen wir eine gesunde Mischung von früh- bis spätblühenden heimischen Pflanzen anzusiedeln. Und immer gilt, je vielfältiger, desto attraktiver für unsere Schmetterlinge.

Flohkraut-Eule, Foto: von Privatperson für diese Homepage zur Verfügung gestellt

Doch sollten wir wissen, mit Blüten allein ist es nicht getan. Unsere wunderschönen Schmetterlinge sind die längste Zeit ihres meist kurzen Lebens als Raupe unterwegs. Wer die Raupe nicht ehrt, ist den Schmetterling nicht wert. Ohne Raupen gibt es keine Schmetterlinge. Deshalb möchte ich hier auf die Raupenfutterpflanzen aufmerksam machen. Schmetterlingsraupen sind Nahrungsspezialisten und jede Art ist meist auf eine bestimmte Futterpflanze angewiesen. Eine wichtige Pflanze, die oft als ungeliebtes Unkraut beseitigt wird, ist die Brennnessel. Von ihr ernähren sich gleich mehrere Raupen von Tagfaltern wie das Tagpfauenauge, der Kleine Fuchs, das Landkärtchen, der C-Falter und der im Sommer zugewanderte Admiral. Es lohnt sich also für die Brennnessel im Garten eine Ecke zu belassen.

Zitronenfalter – Foto: von Privatperson für diese Homepage zur Verfügung gestellt

Noch am häufigsten ist in unseren Gärten der Zitronenfalter zu sehen. Er überwintert als Falter und erscheint schon an den ersten warmen Tagen im Frühjahr. Seine Raupen fressen an Kreuzdornarten und besonders gern am Faulbaum-Strauch.Hier meine eigene Erfahrung: Ich hatte keine Ahnung, was ein Faulbaum ist. An den Blättern war er für mich auch nicht eindeutig zu bestimmen. Also in der Baumschule nachgefragt, wurde ich etwas schräg angeschaut. Den könnte ich mir doch irgendwo am Waldrand selbst ausgraben. Man könne ihn natürlich auch für mich bestellen. Nur so war ich sicher, die richtige Futterpflanze für den Zitronenfalter zu pflanzen, ein kleiner Strauch, der kleine unscheinbare grünlich weiße Blüten ausbildet und runde Früchte trägt, die von Vögeln gern gefressen werden. Im März gepflanzt, fand ich Anfang Mai die ersten gelben spitzen Eier vom Zitronenfalter und konnte später die gut getarnten grünen Raupen einzeln an einigen Blättern beobachten. Es hat funktioniert und ich kann diesen Strauch als eine Ergänzung in einer Hecke im schmetterlingsfreundlichen Garten empfehlen.

Viele für Schmetterlingsraupen nützliche Pflanzen hat man im Garten, ohne es zu wissen.

Aurorafalter – Foto: Jörg Kuhbandner

Es sind Pflanzen wie zum Beispiel die Knoblauchsrauke oder verschiedene Kresse-Arten. Auf einer etwas feuchteren Wiese wächst vielleicht auch das Wiesen-Schaumkraut mit weiß bis zartrosa oder violetten doldigen Blüten. Zu ihrer Blütezeit im Frühjahr zeigt sich der zu den Weißlingen gehörige Aurorafalter. Die Faltermännchen mit den orangenen Flügelspitzen sind bestimmt schon jedem aufgefallen. Die weiblichen Tiere haben weiße Flügel, sind etwas unauffälliger und leicht mit Kohlweißlingen zu verwechseln. Im April und Mai legen sie ihre Eier einzeln an diesen eher unspektakulären Pflanzen ab. Die grünen bis grün-silbrig schimmernden Raupen fressen gut versteckt an diesen Pflanzen und verpuppen sich später an Pflanzenstengeln und müssen so das Jahr und den Winter überdauern, um im nächsten Frühjahr zu schlüpfen und wieder zu fliegen. Unberührte Ecken im Garten sind deshalb wichtig.

Eine Rasenfläche im Garten könnte die Heimat unserer Grasfalter wie Großes Ochsenauge, Schachbrettfalter, Mauerfuchs, Waldbrettspiel oder Kleines Wiesenvögelchen werden. Bedingung ist, die Wiese etwas wachsen zu lassen und nur zwei- bis dreimal im Jahr zu mähen. Wenn man sie in Teilstücken, in Streifen und nicht zu bodennah schneidet, hat man weniger Arbeit und die Raupen können in den jeweils nicht gemähten Teil wandern.

Großes Ochsenauge – Foto: von Privatperson für diese Homepage zur Verfügung gestellt

Für Wildblumen sollte man einheimisches Saatgut verwenden und auf Düngung verzichten. Schmetterlingsblütengewächse wie Hornklee, Weißklee oder Luzerne sind Nahrung für einige Bläulings-Raupen. Der Gemeine Bläuling und der Kleine Feuerfalter werden eine bunte Wiese beleben und zum Blickfang machen.

Kleiner Feuerfalter – Foto: Thomas Rothe
Foto: von Privatperson für diese Homepage zur Verfügung gestellt
Foto: Jörg Kuhbandner

Einer unserer schönsten Schmetterlinge ist der Schwalbenschwanz. Mit etwas Glück stattet er ab Mai einem blütenreichen Garten seinen Besuch ab. Möchten wir ihn sesshafter machen, brauchen wir die Futterpflanzen seiner imposanten gestreiften Raupen. Möhre, Fenchel oder Dill sollten im Kräuter-Gemüse-Beet den Falter dazu bewegen seine Eier abzulegen. Die Raupen verursachen keinen Kahlfraß oder Schäden. Lässt man sie gewähren, werden sie sich dick fressen und verpuppen. Der schöne Schmetterling kann bei uns bis zu drei Generationen im Jahr hervorbringen. Die Raupen der letzten Generation werden im Puppenstadium den Winter überdauern und uns nächstes Jahr wieder als Falter erfreuen.

Rund ums Elbtal lebt auch sein nächster Verwandter – der Segelfalter. Hat man ein sonniges Grundstück, kann man ihn mit Schlehe oder Pflaume zur Eiablage locken. Die etwas plumpen grünen Raupen findet man einzeln an Blättern oder Zweigen sitzen. In warmen Jahren bringt der elegante langgeschwänzte Falter zwei Generationen im April/Mai und Juli/August hervor.

Segelfalter
Foto: Jörg Kuhbandner

Unser Garten kann vielfältige Lebensräume bieten, lässt man etwas Wildnis zu. Mit einem Asthaufen oder einem alten Baum schaffen wir Überwinterungsplätze. Eine Wildblumenwiese lockt verschiedenste Insekten an und ist auch optisch eine Augenweide. Wildkräuter und Gemüse helfen nicht nur unseren tierischen Gästen, sondern sind meist auch eine schmackhafte und gesunde Ergänzung in unserer Küche.

Exotische Pflanzen, Tuja-Hecken, geschotterte Flächen und Koniferen bieten keinen Lebensraum für unsere Schmetterlinge. Verzichten wir auf synthetische Düngemittel und Schädlingsbekämpfung sowie Torfprodukte. Weniger ist mehr.

Dies sollen hier nur ein paar Anregungen sein, etwas für die Schmetterlinge zu tun. Denn wo diese empfindlichen Wesen uns erfreuen, ist die Natur im Gleichgewicht. Geht es ihnen gut, ist das auch ein Gewinn für uns Menschen. Beginnen wir unsere Gärten schmetterlings-freundlicher zu gestalten. Stellen sich die ersten Erfolge ein, dann überzeugen und begeistern wir auch unseren Nachbarn.

Text: Jörg Kuhbandner