Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr. 31 „Gewerbegebiet Hühndorfer Straße“

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen des Beteiligungsverfahrens übermittelt Ihnen der Naturschutz- und Landschaftspflegeverein Wilde Sau e. V. seine kritische Stellungnahme zum Entwurf des Bebauungsplans Nr. 31 „Gewerbegebiet Hühndorfer Straße“.

Der Verein lehnt eine Überplanung der betroffenen Flächen aus den folgenden Gründen kategorisch ab:

A. Es mangelt bereits an der Bestimmtheit des ausgelegten Entwurfs. Das Bestimmtheitsgebot als besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 20 GG wurde seitens der Stadt Wilsdruff nicht ausreichend beachtet.

B. Anders als von § 1 Abs. 5 BauGB gefordert, gewährleistete ein B-Plan Nr. 31 in der Fassung des ausgelegten Entwurfs nicht, dass eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, erfolgt. Ebenso keine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung. Ein solcher Bebauungsplan trüge auch nicht dazu bei, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Auch das Orts- und Landschaftsbild würden mit einem B-Plan Nr. 31 in der Fassung des Entwurfs nicht baukulturell erhalten und entwickelt.

C. Im Sinne von Natur und Mensch wesentliche Belange des § 1 Abs. 6 BauGB werden in der Abwägung nicht ausreichend berücksichtigt. Wirtschaftliche Belange hingegen werden in den Vordergrund gerückt. Es ist daher keine ordnungsgemäße ergebnisoffene Abwägung erfolgt.

Folgende Belange finden unseres Erachtens nicht in gebotenem Maße Berücksichtigung:

1. die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB)

2. die Belange von Freizeit und Erholung (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB)

3. erhaltenswerten Plätze von geschichtlicher Bedeutung (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB)

4. die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege insbesondere die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB)

5. die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen (§ 1 Abs. 6 Nr. 14 BauGB)

D. Anders, als von § 1 Abs. 7 BauGB gefordert, werden bei der Aufstellung des Bauleitplans die öffentlichen und privaten Belange nicht gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen. Die Stadt Wilsdruff scheint dem Interesse einzelner Gewerbetreibender an der Schaffung von Industrie- und Gewerbefläche zum Nachteil von Natur und Mensch einseitig nachzugeben.

E. Es fehlt dem ausgelegten Entwurf zudem an überzeugenden Begründungen. Es ist nicht klar, warum die Stadt Wilsdruff dennoch an der Planung festhält, obwohl einzelne Probleme, welche mit deren Umsetzung verbunden sind, als solche sogar erkannt werden, für welche jedoch keine ausreichende Lösung entwickelt werden konnte (Bedeutung des Gebiets für Grundwasser, Frischluftzufuhr, Landwirtschaft sowie zunehmende Verschärfung des Verkehrsproblems).

I. Keine hinreichende Bestimmtheit des Planungsinhalts

Es ist der Stadt Wilsdruff nicht gelungen, gegenüber der Öffentlichkeit klar zu kommunizieren, welches konkrete Planungsziel überhaupt angestrebt wird. Widersprüche ergeben sich selbst für mich Laien bereits nach erstmaliger genauer Betrachtung der „Planzeichnung mit textlichen Festsetzungen“. Dass für einen solchen, unseres Erachtens mangelhaften Entwurf, mehrheitlich ein Aufstellungs- und Auslegungsbeschluss gefasst wurde, dieser so dem Stadtrat der Stadt Wilsdruff überhaupt zur Beschlussfassung vorgelegt wurde, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. An diesem Punkt ergibt sich m.E. bereits frühzeitig, dass das Verfahren zum Bebauungsplan Nr. 31 „Gewerbegebiet Hühndorfer Straße“ nun schon abzubrechen ist.

Mit Rücksicht auf unsere Zeit und die der weiteren am Erhalt der Wilsdruffer Landschaft interessierten Bürger, welche sich mit diesem Entwurf befassen, bitten wir die Stadt Wilsdruff für die Zukunft um Auslegung nur hinreichender geprüfter inhaltlich bestimmter Bauleitplanentwürfe.

Bereits die Bezeichnung des Plangebiets als Bebauungsplan Nr. 31 „Gewerbegebiet Hühndorfer Straße“ ist irreführend und zeigt nicht auf, was gemäß Planinhalt seitens der Stadt Wilsdruff tatsächlich auch beabsichtigt wird.

Zudem sind die im Entwurf erfolgten Festsetzungen zur beabsichtigten Art der baulichen Nutzung sowie zur Flächengröße widersprüchlichen Inhalts.

„Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Bestimmtheitsgebot gilt auch für Bebauungspläne“ (BVerwG Beschl. v. 23.8.2017 – 4 BN 14.17, BeckRS 2017, 127073)

Da Bebauungsplanfestsetzungen Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmen, müssen sie hinreichend klar und unmissverständlich sein. Dies gilt sowohl für den Bebauungsplan als solchen als auch für seine einzelnen Festsetzungen (Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang/Reidt, 15. Aufl. 2022, BauGB § 9 Rn. 6 m.w.N.).

1. Irreführende Bezeichnung als Bebauungsplan Nr. 31 „Gewerbegebiet Hühndorfer Straße“

Schon die Bezeichnung des in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplans ist irreführend. Aus dieser erschließt zunächst sich für wohl jedermann auf Anhieb, dass ausschließlich ein Baugebiet im Sinne eines Gewerbegebiets geplant ist. Aus der Planzeichnung sowie der Begründung zum Planentwurf, etwa S.10, ergibt sich jedoch, dass auf der Gewerbefläche GFl.1 (GI) mit einer Fläche von 43.177qm ein Industriegebiet entstehen soll. Es handelt sich hierbei im Übrigen um die größte der drei Flächen.

Auch bereits mit der auf S. 5 des Amtsblatts Nr. 25 vom 14.12.2023 erfolgten Bekanntmachung fällt der Begriff „Industriegebiet“ mit keinem Wort.

Der Verein geht bei lebensnaher Einschätzung davon aus, dass der Entwurf eines Bebauungsplans, der seiner Bezeichnung nach auch klar ersichtlich ein Industriegebiet zum Gegenstand hat, auf größeren Widerstand bei jenen Wilsdruffern stoßen würde, denen der Erhalt der Wilsdruffer Landschaft am Herzen liegt und welche sich wegen der von einem Industriegebiet künftig ausgehenden Beeinträchtigen sorgen, als der Entwurf eines Bebauungsplans, der seiner Bezeichnung nach „lediglich“ ein Gewerbegebiet zum Gegenstand hat.

Dass von einem Industriegebiet in der Regel erheblichere Belästigungen ausgehen, als von einem Gewerbegebiet, erschließt sich unproblematisch aus dem Gesetz.

Gem. § 8 Abs. 1 BauNVO dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

Gem. § 9 Abs. 1 BauNVO dienen Industriegebiete ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

Im Übrigen: Im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan Nr. 2 „Gewerbe- und Industriegebiet Hühndorfer Höhe“ erfolgte die Bezeichnung in der Vergangenheit unter explizitem Hinweis auch auf ein Industriegebiet hin korrekt.

Unserer Auffassung nach ist aufgrund der irreführenden Bezeichnung bereits kein wirksamer Aufstellungsbeschluss gefasst worden.

2. Widersprüchliche Angaben zur Art der baulichen Nutzung

Gem. Planzeichnung zum Entwurf wird die Gewerbefläche 2 (GFl. 2) als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) eingeordnet, folgt man der „Zeichenerklärung-Festsetzungen des Bebauungsplanes“ zur Planzeichnung jedoch, dann lediglich als Gewerbegebiet (GE).

Auch die Gewerbefläche (GFl. 3) wird in der Planzeichnung zum Entwurf als Gewerbegebiet (GE) eingeordnet, folgt man der „Zeichenerklärung-Festsetzungen des Bebauungsplanes“ zur Planzeichnung jedoch, dann als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe).

Auf S. 10 der Begründung heißt es zudem wie folgt: „Eine zweite Differenzierung zur Art der baulichen Nutzung wird mit der Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebietes im nordöstlichen Bereich des Plangebietes auf der Gewerbefläche GFl. 3 vorgenommen“.

Eingeschränkte Gewerbegebiete (GEe) sind gemäß „Zeichenerklärung-Festsetzungen des Bebauungsplanes“ zur Planzeichnung wie folgt definiert: „Zulässig sind Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie einschließlich dafür notwendiger baulicher Anlagen(…)“.

Gewerbegebiete (GE) sind gemäß „Zeichenerklärung-Festsetzungen des Bebauungsplanes“ zur Planzeichnung wie folgt definiert: „zulässig sind: Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe, Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude.(…)“:

Welche Anlagen auf dem Industriegebiet (GI) zulässig sind, wird in der „Zeichenerklärung-Festsetzungen des Bebauungsplanes“ zur Planzeichnung nicht erklärt, sondern hier wird lediglich auf § 9 BauNVO verwiesen.

3. Widersprüchliche Angaben zur Flächengröße

Aus S. 9 der Begründung ergibt sich hinsichtlich der Gewerbefläche 3 (GFl. 3) Folgendes: „ (…) ist eine kleinere Gewerbefläche von ca. 0,7 ha festgesetzt worden, auf der die Ansiedlung eines Veranstaltungszentrums eines privaten Investors ermöglicht werden soll.“ Hingegen heißt es auf S. 10 der Begründung wie folgt: „Eine Differenzierung zur Art der baulichen Nutzung wird mit der Festsetzung Gewerbefläche westlich der Hühndorfer Straße als Gewerbegebiet (GE) vorgenommen. Dies dokumentiert die beabsichtigte Abstufung der Nutzungsmöglichkeiten in der Nachbarschaft der bestehenden Gewerbeflächen nördlich dieser vergleichsweisen kleinen Fläche von ca. 7,4 ha“.

II. Weitere Agrarlandschaft ginge verloren

Ca. 44.000 qm landwirtschaftlicher Nutzfläche sollen zugunsten der Ansiedlung von Industrie und sonstigem Gewerbe weichen. Der Ackerboden wird unter Absatz „Geologie und Boden“ auf S. 15 der Begründung wie folgt beschrieben: „(…)Die meisten Böden im Plangebiet haben laut den Auswertekarten Bodenschutz (M 1:50.000) eine sehr hohe Bodenfruchtbarkeit (…)“.

Die Landschaft um Wilsdruff war seit jeher geprägt durch insbesondere Wiesen und Felder. Diese Bereiche sind neben ihrem Nutzen für die Landwirtschaft für Natur und Mensch von erheblicher Bedeutung.

Sie stellen Lebensräume für die Arten dar, dienen der Ansammlung von Grundwasser (Sickerflächen) und sichern Natur und Mensch Luftkühlung.

Durch eine Versiegelung können die Flächen ihre bisherige Funktion nicht mehr erfüllen. So wird Artensterben vorangetrieben und ein weiteres Absinken des Grundwasserspiegels (Stichwort: Wassermangel im Sommer) begünstigt, ebenso eine Überhitzung.

Im Zusammenhang mit der Problematik Überhitzung ergibt sich aus S. 17 der Begründung Folgendes: Um Wilsdruff bilden alle landwirtschaftlichgenutzten Freiflächen wichtigeKaltluftentstehungsgebiete. Die sich bei windschwachen Strahlungswetter nachts bildende Kaltluft ist – wenn sie nicht über belastete Flächen fließt – Frischluft und ist in kritischen Situationen häufig der einzige „Frischluftlieferant“. Man scheint sich also der Problematik zunächst bewusst.

Bemerkenswert ist jedoch, wie entspannt diese Problematik mit folgender Einschätzung (S. 17 der Begründung) plötzlich einfach vom Tisch gewischt wird: „(…)In den stark durchgrünten städtischen Bereichen von Wilsdruff gibt es kaum Probleme durch Überwärmung, welche die Zufuhr von Frischluft unbedingt notwendig machen(…)“.

Der Verein sieht hierin eine bloße Einschätzung ins Blaue hinein, fehlt es dieser doch an einer substantivierten [es soll natürlich „substantiierten“ heißen*] Begründung. Der große Wilsdruffer Marktplatz allein stellt eine nahezu baumfreie Zone dar. Im Sommer heizt dieser sich immens auf. Es erscheint dem Verein absurd, dass die Stadtbäume allein in der Lage sein sollen, einer drohenden Überhitzung des Stadtgebiets entgegenwirken zu können.

Wie will die Stadt Wilsdruff in „kritischen Situationen“ eine notwendige Frischluftzufuhr gewährleisten?

Auf S. 15 der Begründung heißt es wie folgt: „(…)Die Böden des Gley-Kolluvisol im östlichen Geltungsbereich haben ein hohes Wasserspeichervermögen. Die Eignung als Filter und Puffer für Schadstoffe zu wirken ist bei den meisten Böden hoch.(…)“.

Die geplante Versiegelung großflächiger Flächen (ca.44.000qm) und die damit verbundene Ableitung des Niederschlagwassers in ein Regenwasserrückhaltebecken und anschließende Ableitung in die Wilde Sau vergrößert die ohnehin schon angespannte Situation des Grundwasserspiegels. Das Niederschlagswasser wird damit dem natürlichen Kreislauf entzogen.

Hat sich die Stadt Wilsdruff mit der Auswirkung dieser zusätzlichen Versiegelung auf den Grundwasserspiegel auseinandergesetzt?

III. Umweltbelastung durch erhöhtes Verkehrsaufkommen

Weitere Industrie- und Gewerbeanlagen im Gebiet Wilsdruff sorgen für ein höheres Verkehrsaufkommen, insbesondere des LKW-Verkehrs. Konsequenz sind zusätzliche Lärm- und Schadstoffimmissionen zum Nachteil von Natur und Mensch.

Auf S. 17 der Begründung heißt es wie folgt: „Auf Grund der Nähe der Flächen des B-Plangebietes zur Bundesautobahn A 4 und zur Staatsstraße S36 sowie des Verlaufes der Straße Hühndorfer Höhe, ist ein verstärkter Immissionseintrag gegeben, der sowohl durch Lärm als auch durch Luftschadstoffe besteht.“

Der Wilsdruffer Raum ist jetzt schon stark belastet. Mit der Realisierung des Bebauungsplans Nr. 31 „Gewerbegebiet Hühndorfer Straße“ würde diese bereits kritische Situation zusätzlich verschärft.

Es stellt sich auch die Frage, ob die Hühndorfer Straße in ihren Ausmaßen dem zusätzlich aufkommenden insbes. LKW-Verkehr genügen wird oder bereits jetzt eine Verbreiterung der Straße sowie eine Umgestaltung des Kreuzungsbereichs zur Umgehungsstraße und somit eine zusätzliche Bodenversiegelung und eine damit verbundene Beseitigung der straßenbegleitenden Gehölze bereits absehbar ist.

Kann das Ausmaß eines drohenden zusätzlichen Verkehrsaufkommens im Vorfeld seitens der Stadt Wilsdruff aktuell überhaupt prognostiziert werden oder erfolgt die Planung diesbezüglich absolut ins Blaue hinein?

IV. Weitere Umweltbelastungen durch Industrie- und Gewerbegebiet

Die Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 31 würde sowohl für die Hühndorfer Höhe als auch die angrenzenden Gebiete eine bedeutende Verschlechterung in Bezug auf Klima, Artenschutz etc. zur Folge haben (s.o.). Der Schadstoffeintrag in die Luft, der Lärmpegel, die vermutete Dauerbeleuchtung und der LKW-Verkehr würde unsere ohnehin schon stark belastete Umwelt noch mehr beeinträchtigen.

Die Hühndorfer Höhe würde durch die drohende Bebauung für die Wilsdruffer und die Besucher der Stadt stark an Attraktivität verlieren und als beliebter Aussichtspunkt nicht mehr so wahrgenommen werden, wie bislang (u.a. aufgrund fehlender Möglichkeit zur Rundumsicht, Verkehrslärm, Schadstoffe, Lichtverschmutzung).

Das im Norden des Plangebietes gelegene Birkenwäldchen soll zwar erhalten bleiben, würde aber von der Hühndorfer Straße, der Zufahrtsstraße zum Hochbehälter (hinter der sich bereits eine Gewerbeanlage befindet) und im Süden vom versiegelten Industriegebiet regelrecht umzingelt, würde also zu einer Insel. Bislang fungierte das Wäldchen als Rückzugort und Fortpflanzungsstätte auch für die in der Agrarlandschaft vertretene Fauna. Durch diese Insellage ist es vielen Vertretern der Tierwelt unmöglich in andere Lebensräume zu wechseln. Die Bedeutung des Wäldchens für die Arten würde erheblich eingeschränkt.

Im Übrigen vermisst der Verein in der Begründung eine tiefergehende Befassung mit den Aspekten des Arten- und Biotopschutzes.

Unter der Überschrift „Arten- und Biotoppotential“ (S. 18 der Begründung) wird offenbar ohne vorhergehende nähergehende Prüfung Folgendes behauptet: „(…)Zu erwartende Tierarten sind hier hauptsächlich die als „Kulturfolger“ bezeichnete Arten, die ihre Lebensweise an menschliche Siedlungsstrukturen (z.B. landwirtschaftlich genutzte Flächen, Gebäude) angepasst haben. Diese Arten werden zumeist als häufige Arten eingestuft und sind überwiegend ungefährdet.(…)“.

Es wird also lediglich vermutet, dass hauptsächlich „Kulturfolger“ von der Überplanung betroffen sein könnten und ohne Begründung eine Behauptung ins Blaue zur Gefährdungssituation aufgestellt.

Eine konkrete Bestandsaufnahme der betroffenen Arten erfolgte vor Aufstellung des Planentwurfs offenbar nicht.

Zudem ist die Einschätzung zur Gefährdungssituation der Arten schlichtweg falsch. Es ist seit Jahren hinlänglich bekannt, dass gerade die Arten der Agrarlandschaft besonders vom Artensterben betroffen, also gefährdet sind. Auch in Deutschland sei der Rückgang der Artenvielfalt dramatisch, erklärt die Biologin Katrin Böhning-Gaese. Hier treffe es vor allem viele Vogelarten, sagt die Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums dem ARD-Hauptstadtstudio. In der Agrarlandschaft, also auf Äckern, Wiesen und Weiden hätten die Bestände der Vögel dort in den letzten 25 Jahren um rund 30 Prozent abgenommen (…) Vor allem, aber nicht nur, in der Agrarlandschaft sind viele Arten gefährdet.(…)“ (https://www.tagesschau.de/wissen/klima/weltnaturkonferenz-deutschland-101.html).

V. Kleingartenanlage südlich des Planungsgebietes

Die südlich zum Plangebiet unmittelbar angrenzende naturnah gestaltete Kleingartenanlage stellt unseres Erachtens einen wesentlichen Rückzugsort für die Fauna der Agrarlandschaft dar. Durch direkte Nähe zum geplanten Industriegebiet wird dieser Bereich erheblich in Mitleidenschaft gezogen, insbesondere durch die von diesem ausgehenden Immissionen (Lärm, Licht, Schadstoffe).

Auf S. 11 der Begründung heißt es wie folgt: „Die südlich des Plangebietes bestehenden Kleingartenflächen sollen in dieser Nutzungsform erhalten bleiben und unterstützen damit die generelle planerische Zielstellung.“ Inwieweit unterstützen jedoch die Kleingartenflächen die generelle planerische Zielstellung? Sieht die Stadt Wilsdruff in der Kleingartenanlage etwa lediglich einen Bereich, der die Umgebung vom Industriegebiet abschirmen, d.h. die vom Industriegebiet ausgehenden schädlichen Immissionen abfangen soll? Unseres Erachtens wäre es Aufgabe der Stadt Wilsdruff gewesen, im Zuge der Planung Lösungen zu entwickeln, mittels welcher die Kleingartenanlage selbst vom Industriegebiet abgeschirmt wird.

VI. Kleingartenanlage westlich des Plangebiets vs. Parkanlage

Die sich westlich des Plangebiets befindliche Kleingartenanlage soll mittel- bis langfristig einem Park weichen. Zuvorderst beanstandet der Verein, dass eine gepflegte Parkanlage einen geringeren Wert für die Arten darstellt, als die sich derzeitig am Standort befindliche Kleingartenanlage, welche sehr naturnah gestaltet ist, über einen hohen Anteil an Unterholz verfügt und daher einen wichtigen Rückzugsort für die Arten darstellt. Die Stadt Wilsdruff verfügt bereits über zwei, für die Wilsdruffer leicht fußläufig erreichbare Parks. Dieser dann neue dritte Park wäre für die Wilsdruffer nicht nur fußläufig aufgrund des fehlenden Gehwegs sowie der Entfernung zum Stadtgebiet schwerlich erreichbar – dieser befände sich zudem in Hanglage, dürfte also für ältere oder andere in der Mobilität eingeschränkte Menschen weder unproblematisch erreicht noch genutzt werden können. Östlich in unmittelbarer Nähe zu dieser beabsichtigten Parkanlage (und somit unmittelbar hinter dem Aussichtspunkt) sollen zudem mit der Gewerbefläche GFl. 3 die Voraussetzungen für die Errichtung eines bis zu 16 m hohen Veranstaltungszentrums geschaffen werden. Es ist bei lebensnaher Einschätzung anzunehmen, dass die neue Parkanlage vielmehr den Besuchern des Veranstaltungszentrums nützen wird, als den Wilsdruffer Bürgern selbst.

Der auf dem Gelände geplante Park wird unserer Einschätzung nach bereits in die Berechnung der Ökopunkte mit einbezogen, obwohl es aktuell noch unklar sein dürfte, wann die Kleingartenanlage dem Park überhaupt weichen kann. Die Stadt Wilsdruff wolle hierzu erst ein Auslaufen der Pachtverträge abwarten. Wann das Gelände für einen Ausgleich der Ökobilanz zur Verfügung stehen kann, scheint daher völlig ungewiss. Es kann unserer Einschätzung nach auch aus diesem Grunde nicht in die Planung mit einbezogen werden. Die Kleingartenanlage ist daher auch deshalb als solche zu belassen, insbesondere aber, damit sie weiterhin ihre wichtige Funktion für die Arten erfüllen kann und das typische Ortsbild prägen.

VII. Beliebtester Aussichtspunkt der Wilsdruffer wird stark beeinträchtigt

Nördlich des auf der Hühndorfer Höhe befindlichen Aussichtspunkts, nämlich auf Gewerbefläche 3 (GFl. 3) sollen in dessen unmittelbarer Nähe die Voraussetzungen für den Bau eines Veranstaltungs-zentrums geschaffen werden, welches gemäß Entwurf eine Höhe von bis zu 16 Metern erreichen darf .

Der Verein ist auch gegen eine Bebauung dieses Bereichs.

Der Aussichtspunkt ist für die Wilsdruffer von besonderer emotionaler Bedeutung, zählt er doch seit jeher zu einem der schönsten und bei den Bürgern beliebtesten Plätzen der Stadt. Viele Generationen von Wilsdruffern haben den herrlichen Ausblick über die Wilsdruffer Landschaft von dort bereits genossen.

Bereits Friedrich der Große hat unseres Wissens zur Zeit des Siebenjährigen Krieges vom Aussichtspunkt der Hühndorfer Höhe die Wilsdruffer Umgebung überblickt. Sogar die Stadt Wilsdruff selbst wirbt regelmäßig mit Fotos mit Sicht auf Stadt und Landschaft für den dort herrlichen Ausblick – etwa über ihre Facebookseite. Um so weniger nachvollziehbar ist eine intendierte Bebauung in unmittelbarer Nähe dieses besonders beliebten Plätzchens. Mit Umsetzung des Planinhalts würde die Sicht gen Nordosten, Osten und Süden nahezu unmöglich.

Die Zufahrt zum Veranstaltungszentrum soll unmittelbar hinter dem Aussichtspunkt (nördlich) erfolgen. Zudem befindet sich genau auf der dem Aussichtspunkt gegenüberliegenden Straßenseite gemäß Plan die Einfahrt in das Industriegebiet. Bereits jetzt absehbare Konsequenz wären permanente Lärm- und Abgasbelastungen am Aussichtspunkt.

Der für das Veranstaltungszentrum vorgesehenen Bereich (GFl. 3) liegt aktuell brach und fungiert als Puffer zum bereits aktuell dahinter befindlichen Gewerbegebiet („Gewerbe- und Industriegebiet Hühndorfer Höhe“)

Der Verein vertritt hierzu folgende Ansicht: Anstatt dem Investor einen derart exklusiven Standort zur Verfügung zu stellen, sollte die Stadt Wilsdruff auf dem hierfür vorgesehenen Gelände die Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern zugunsten von Natur und Mensch vornehmen. Diese böte zahlreichen Arten einen wertvollen Lebensraum und fungierte zudem im Interesse der Wilsdruffer als wertvoller Schutz vor Immissionen sowie ästhetischer Beeinträchtigung durch bereits vorhandene Gewerbegebäude. Eine Bepflanzung dort wertete zudem das Areal neben dem Aussichtspunkt ästhetisch erheblich auf. Mittels Anlage insektenfreundlicher Blühbereiche ließe sich das Gelände um den Aussichtspunkt herum zudem zum Wohle von Natur und Mensch nutzbringend und attraktiv gestalten. Der Wilde Sau e. V. ist der Stadt Wilsdruff in diesem Zusammenhang gern bei Planung und Umsetzung behilflich.

VIII. Stellungnahme des Landratsamtes

Unter „Umweltrelevante Stellungnahmen“ (PDF S. 8f.) gibt das Landratsamt mit seiner Stellungnahme vom 31.08.2023 zum Vorentwurf u.a. folgende Einschätzung ab:

(…)Die Ausweitung des Gewerbe-/lndustriestandortes Hühndorfer Höhe hat zwischenzeitlich Dimensionierungen erreicht, wo frühere Kompensationsmaßnahmen im unmittelbaren Umfeld ihre Funktion verlieren oder darin eingeschränkt werden(…).“

(…)Auch sind Bewertungen für grünordnerische Gestaltungsmaßnahmen/Pflanzung im Gebiet und am Rand nicht gleichsetzbar mit Pflanzungen/Hecken (ÖG 1-3) im freien Landschaftsraum(…)“.

Auf S. 9 heißt es außerdem: „Die hochwertigen Biotopflächen (Ml) unterliegen eher einer Verinselung als einer Aufwertung und Kompensation“.

„Es wird nicht als den Anforderungen der Gesellschaft entsprechend gesehen, dass eine Bilanz der Eingriffsbewertung mit ca. 80 % als ausgeglichen bezeichnet wird – zudem nicht einmal Entsiege-lungsmaßnahmen eingeordnet sind“

Mittlerweile beläuft sich eine Bilanz der Eingriffsbewertung, folgt man der Begründung (S. 26), auch nur auf 87%. Der Eingriff kann also noch immer nicht ausgeglichen werden.

Der Naturschutz- u. Landschaftspflegeverein Wilde Sau e. V. schließt sich diesen kritischen Einschätzungen vollständig an.

IX. Fazit

Gemäß Planentwurf sollen Gewerbe- und Industrieanlagen mit einer möglichen Höhe von bis zu 20 Metern auf der beliebtesten Anhöhe der Wilsdruffer ihren Platz finden, Die Anlagen werden die Landschaft für diese und die künftigen Generationen enorm entwerten, mit der Konsequenz, dass den Menschen Lebensqualität erheblich verloren ginge. Ein weiteres Gewerbegebiet, welches von westlicher Seite her an die Stadt heranrücken soll, ist zudem bereits in Planung. Auch hierfür ist eine großflächige Überplanung von Agrarlandschaft vorgesehen. Der Stadt droht nun aus verschiedener Richtung ein bedrohlich nahes Vorrücken derartiger Anlagen, welche Natur und Mensch erheblich beeinträchtigen.

Es entsteht der Eindruck, als werde der Wert und das Potential dieser historischen Kleinstadt, insbesondere der sie umgebenden Landschaft sowie deren Bedeutung für die Wilsdruffer, von den Verantwortlichen aktuell völlig verkannt.

Der Verein empfiehlt der Stadt Wilsdruff, den Interessen von Natur und Mensch den Vorzug einzuräumen, von dem Planvorhaben abzulassen und stattdessen über andere Möglichkeiten nachzudenken, Einnahmen zu generieren. Anstatt eine weitere Versiegelung der Wilsdruffer Landschaft voranzutreiben, sollte vielmehr überlegt werden, wie auf nachhaltige Art und Weise zusätzliche Gewerbeeinnahmen begünstigt werden können. Hierzu braucht es eigentlich nicht viel Phantasie. Mittels Aufwertung der Wilsdruffer Landschaft und der Anlage zusätzlicher Wanderwege, etwa zum Aussichtspunkt, ließe sich ein naturnaher Tourismus ankurbeln. Ein Besuch der Stadt Wilsdruff würde für Fremde attraktiver. Hiervon profitierten ansässige Einzelhändler, Gastronomiebetriebe und Unterkunftsbetreiber.

Wir appellieren an den Wilsdruffer Stadtrat, sollte die Stadt Wilsdruff tatsächlich an diesem bedenklichen Bauleitplanverfahren festhalten, sich seiner immensen Verantwortung bewusst zu sein, den Bedürfnissen der Wilsdruffer Natur und Menschen gerecht zu werden und einen Bebauungsplan Nr. 31 mit einem klaren „Nein“ abzulehnen. Mit der Verwandlung der Hühndorfer Höhe in ein Industrie- und Gewerbegebiet würde der Rubikon überschritten, es würde etwas für immer zerstört, was die Wilsdruffer Landschaft seit jeher ganz besonders ausmachte. Die Beschlussfassung eines Bebauungplans Nr. 31 würde zu einem schwarzen Tag für die Wilsdruffer. Die Frage, wer ein Industrie- und Gewerbegebiet auf Wilsdruffs imposantester Erhebung zu verantworten hatte, dürfte sich der Wilsdruffer, welcher wehmütig Aufnahmen aus der alten Zeit betrachtet, dann regelmäßig stellen.

Wir bitten um kritische ergebnisoffene erneute Prüfung des Planentwurfs unter Berücksichtigung unserer Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen

* in eckige Klammern gesetztes wurde nachträglich zum Zwecke der Erläuterung ergänzt