Hier soll auf einem Gelände Bauland für Wohngebäude geschaffen werden, welches teilweise eine Landwirtschaftsfläche darstellt, während der andere Teil in der Vergangenheit als Ausgleichsfläche festgesetzt wurde.

Zur Stadtratssitzung am 28.04.2022 fasste der Stadtrat der Stadt Wilsdruff mehrheitlich den Billigungs- und Auslegungsbeschluss.

Der Wilde Sau e. V. lehnt dieses Vorhaben kategorisch ab und trug an diesem Tag im Rahmen einer Anfrage seine kritische Stellungnahme vor. Es folgt ein Auszug aus dieser im exakten Wortlaut:

„(…) Es geht um den B-Plan Nr. 33, Wohnbebauung Freitaler Straße Kleinopitz.

Zunächst zur Ausgangssituation, korrigieren Sie mich bitte, sollte ich etwas Unrichtiges vortragen:
Die Fläche, für welche sich eine Wohnbebauung in der Planung befindet, setzt sich zusammen aus Außenbereichs- und Innenbereichsfläche. Die Stadt bemüht hier die §§ 13a und b BauGB, um eine Bebauung des Areals zu ermöglichen. Der Verein ist gegen eine Bebauung dieser Fläche.

Zu den Gründen:

  1. Im Jahre 2002 wurde der B-Plan Nr. 8 beschlossen. Ein Teil jener Fläche, welche nun zwecks Schaffung von Bauland überplant werden soll, wurde damals als Ausgleichsfläche für das seiner Zeit geschaffene Bauland bestimmt. Ich zitiere aus der damaligen Begründung: „Die zur Verfügung stehende Grünfläche am südlichen Rande des Planungsgebietes WA 1 soll als Streuobstwiese angelegt werden. Mit dieser Maßnahme wird das Plangebiet zur offenen Landschaft hin abgegrenzt und der Ortseingangsbereich dorftypisch gestaltet und es entsteht langfristig eine für den Arten- u. Biotopschutz wertvolle Fläche und ein vielschichtiger Lebensraum. Durch Pflanzung von hochstämmigen Obstgehölzen ist eine Streuobstwiese anzulegen und auf Dauer zu erhalten.
    Im Jahre 2021 1sind etwa 10 Bäume auf genau dieser Ausgleichsfläche gefällt worden. Anstatt Neuanpflanzungen für das Gelände zu veranlassen, belohnt die Stadt offenbar dieses Vorgehen, indem sie bereit ist, auf dem Areal Bauland zu schaffen. Die Ausstrahlwirkung, welche hierdurch erzeugt wird, ist verheerend. So wird der Eindruck vermittelt, als ließe sich durch Baumfällungen Bauland schaffen – das kommt fast einem Aufruf hierzu gleich. Unverantwortlich!

(Mal ganz nebenbei: Der Baumschutz besitzt offenbar keinen hohen Stellenwert bei der Stadt Wilsdruff: Ich erinnere nur an die Baumfällungen auf dem Streuobstwiesenbiotop Tharandter Str. 51 im Februar 2022, hier hat die Stadt sogar widerrechtlich die Fällung einer Birke auf einem Gelände genehmigt, welches unter Biotopschutz steht, für welches die Gehölzschutzsatzung der Stadt also keine Anwendung findet. Ein Gelände für welches sich übrigens auch aktuell ein B-Plan im Aufstellungsverfahren befindet, der B-Plan Nr. 18. Das gibt schon sehr zu denken!)

Ausgleichsflächen sind aus unserer Sicht nicht zu überplanen, das widerspricht deren Zweck, welcher nachhaltiger Natur ist. So sieht es im konkreten Fall offenbar auch die Stabsstelle Strategie und Kreisentwicklung vom Landratsamt, welche sich in diesem Zusammenhang klar positionierte.

Zudem ist es die Pflicht der Stadt, geplante Ausgleichsflächen zu realisieren und auf ihren Zustand hin zu überprüfen. Offenbar scheint sich die Stadt Wilsdruff tatsächlich weniger um den Erhalt von Ausgleichsflächen zu sorgen. Im Vordergrund steht wohl vielmehr eine Bauleitplanung im Interesse Einzelner ohne Rücksicht auf die Belange der Öffentlichkeit.

  1. Folgt man den vergangenen Verlautbarungen der Stadt, so kommen Flächen, wie diese in Kleinopitz nicht für eine Überplanung/Bebauung in Betracht. 2 Beispiele hierzu:
    • Beispiel 1: Im Interview der SZ vom 30.12.2021 antwortete der Bürgermeister auf die Frage hin, wo er die Grenzen des Wachstums sehe, wie folgt: „Die Grenzen hat unser rechtskräftiger Flächennutzungsplan definiert.“ Tatsächlich ist das Gebiet zu B-Plan Nr. 33 lt. Flächennutzungsplan kein Bauland, soll aber dennoch zum Zwecke der Bebauung überplant werden – man bedient sich hierzu dieser Ausnahmeparagrafen. Die Grenzen des rechtskräftigen FNP werden also offenbar nicht eingehalten.
    • Beispiel 2: Die Erklärung der Stadt mit dem Titel – „Baulücken weiter im Trend“ vom 10.02.2022. Diesem Beitrag ist zu entnehmen, dass die Stadt wohl mittlerweile den großen Nutzen von Landwirtschaftsflächen erkannt hat und diese von einer Bebauung ausnehmen will. Im hier vorliegenden Fall jedoch handelt es sich um Flächen für die Landwirtschaft, welche mit dem B-Plan Nr. 33 in Bauland umgewandelt werden sollen.

Auf die Erklärungen der Stadt Wilsdruff sollten sich die Bürger verlassen können. (…)

Liebe Stadträtinnen, liebe Stadträte,

das Bild von Wilsdruff und seinen Ortsteilen hat sich in den letzten Jahrzehnten einschneidend verändert. Der ländliche Charakter droht verloren zu gehen, sollte weitergemacht werden, wie bisher. Lasst uns wenigstens noch die verbleibenden Felder, Wiesen und Gehölze erhalten. Landwirtschafts- und Ausgleichsflächen sowie gesetzlich geschützte Biotope müssen für eine Überplanung tabu sein. In einigen Jahren wird man sich die Frage stellen, wer diese Zerstörung und Verschandelung unseres Landschaftsbildes zu verantworten hatte. Wir appellieren hier an die Vernunft des Wilsdruffer Stadtrats und weisen darauf hin, dass nicht das Interesse Einzelner an der Schaffung von Bauland im Vordergrund steht, sondern die Belange der Öffentlichkeit. Diese benötigt Landwirtschaftsflächen für die Ernährung (Gerade jetzt merkt man, dass wir uns nicht auf Importe verlassen können.), natürliche Lebensräume zur Erholung und ein ästhetisches Ortsbild, welches zumindest noch in Ansätzen an das historische erinnert, um sich wohlzufühlen. Nicht zu vergessen die viele geschützten Arten, welche vom Erhalt solcher Areale profitieren.

Statt die Auslegung dieses Plans zu billigen, sollte seitens des Stadtrats vielmehr darauf hingewirkt werden, dass Nachpflanzungen auf der Ausgleichsfläche erfolgen, diese also wieder eine Streuobstwiese wird, so wie vom Wilsdruffer Stadtrat im Jahre 2001 beschlossen.“

1 Update vom 27.05.2023: Gemäß dem Hinweis einer Bürgerin erfolgten die Fällungen bereits 2016/2017.

Die zur Stadtratssitzung am 25.05.2023 im Rahmen der Anfrage vorgebrachte Stellungnahme des Vereins im exakten Wortlaut:

Liebe Anwesende, mein Name ist Michael Rothe, ich vertrete den Naturschutz- und Landschaftspflegeverein Wilde Sau e. V. Es geht selbstverständlich um den B-Plan Nr. 33, Wohnbebauung Freitaler Straße Kleinopitz.

Ich habe zum Termin der Fassung des Auslegungs- und Billigungsbeschlusses am 28.04.2022 bereits die Stellungnahme des Vereins vorgetragen.

In Kürze zusammengefasst:
Die von der Überplanung betroffene Fläche ist zum einen Teil Landwirtschaftsfläche – derartige Flächen werden dringend benötigt – und zum anderen Teil Ausgleichsfläche. Die Ausgleichsfläche wurde mit dem B-Plan Nr. 8 im Jahre 2002 als solche festgelegt. Ich zitiere aus der damaligen Begründung: << Die zur Verfügung stehende Grünfläche am südlichen Rande des Planungsgebietes WA 1 soll als Streuobstwiese angelegt werden. Mit dieser Maßnahme wird das Plangebiet zur offenen Landschaft hin abgegrenzt und der Ortseingangsbereich dorftypisch gestaltet und es entsteht langfristig eine für den Arten- u. Biotopschutz wertvolle Fläche und ein vielschichtiger Lebensraum. Durch Pflanzung von hochstämmigen Obstgehölzen ist eine Streuobstwiese anzulegen und auf Dauer zu erhalten.“ >> Im Jahre 2021 2wurden zahlreiche Obstbäume auf der Ausgleichsfläche gefällt. Konsequenz war nicht etwa, dass Nachpflanzungen veranlasst wurden, nein, die Stadt Wilsdruff begann vielmehr ein Bauleitplanverfahren für genau jenes Gelände einzuleiten. Dieses soll heute mit Fassung des Satzungsbeschlusses zum Abschluss gebracht werden.

Wer Eigentümer einer mit Gehölzen bepflanzten Ausgleichsfläche ist, braucht sich dieser lästigen Gewächse also nur noch entledigen und der Stadt seinen Bauwunsch vortragen und schon werden die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Genau diese bedenkliche Ausstrahlwirkung würde unserer Ansicht nach erreicht, beschließt man tatsächlich diesen Bebauungsplan. Vergleichbare Handlungen würden mit Satzungsbeschluss seitens der Stadt Wilsdruff legitimiert, dieser Eindruck würde zumindest nach außen hin vermittelt.

Herr Bürgermeister, sehen Sie diese Gefahr auch? Ich bitte um Beantwortung mit nachvollziehbarer Begründung. Der B-Plan soll, ginge es nach der Wilsdruffer Stadtverwaltung, noch heute beschlossen werden, also müssen diese Bedenken auch vor der Abstimmung ausgeräumt werden und von den Stadträten und auch den erschienenen Besuchern zu Kenntnis genommen werden können.

Bürgermeister Rother erklärte, dass er diese Gefahr nicht sehe. Zusätzlich merkte er an, dass die Streuobstwiese ohnehin nicht als solche erkennbar war. Zudem verwies er auf den Ausgleich, der für die Bebauung der jetzigen Ausgleichsfläche an anderer Stelle vorgenommen werde. Der Vereinsvorsitzende entgegnete, dass auf dem Gelände sehr wohl eine Streuobstwiese gestanden habe (unter folgendem Link kann eine Luftbildaufnahme von der Ausgleichsfläche eingesehen werden: https://www.buergerbeteiligung.sachsen.de/portal/wilsdruff/beteiligung/themen/1029621 Gut zu erkennen sind mehrere Bäume, welche bereits über beachtliche aus Vogelperspektive erkennbare Kronen verfügen.1). Weiterhin verwies der Vereinsvorsitzende auf die geringe Halbwertszeit, welche Ausgleichsflächen offenbar seitens der Stadt Wilsdruff zugestanden wird (dies sollte eine Anspielung auf das aktuelle Aufstellungsverfahren zum B-Plan Nr. 38 „Erweiterung Spedition Wackler“ sein, auch hier soll eine Ausgleichsfläche, in diesem Fall bereits ca. 11 Jahre später, wieder überplant werden1). Dann wurde der Beitrag des Vereins zum Planverfahren wie folgt abgeschlossen:

Mich haben Sie nicht überzeugt. Sie konnten diese Bedenken meiner Meinung nach nicht ausräumen. Nun sehe ich wirklich schwarz für die Zukunft unserer Umgebung. Ich möchte nicht der Stadtrat sein, der das mit zu verantworten hat. Hier wird gerade die Büchse der Pandora geöffnet. Wir überlegen aktuell, ob wir diesen Sachverhalt der Kommunalaufsicht vortragen. Das kann und darf so nicht weitergehen.

1 Die in Klammern eingefügten Bemerkungen dienen der Erläuterung und wurden nicht geäußert. 2 Update vom 27.05.2023: Gemäß dem Hinweis einer Bürgerin erfolgten die Fällungen bereits 2016/2017

Stadtratssitzung am 25.05.2023: Zur Stadtratssitzung meldeten sich mehrere Bürger kritisch zu Wort, so auch der Wilde Sau e. V. (s.o.). Ein Vertreter der Presse wohnte der Stadtratssitzung bei. Die Stimmung war emotional aufgeladen. Eine Mehrzahl der Wilsdruffer Stadträte hat dann wohl erkannt, dass es so nicht geht und einen Beschluss des B-Plans Nr. 33 als Satzung abgelehnt. 🙂 Wir verstehen diese Entscheidung des Stadtrats als wichtiges Signal hinsichtlich des künftigen Umgangs mit Ausgleichsflächen.

Mit dem Beitrag der Sächsischen Zeitung vom 14.06.2023 (Onlineausgabe) „Aus für geplantes Wohngebiet in Wilsdruff“ erfolgte eine umfangreiche Berichterstattung zur Stadtratssitzung vom 25.05.2023.

Mit E-Mail vom 26.05.2023 forderte der Verein die Stadt Wilsdruff auf, Nachpflanzungen auf der Ausgleichsfläche zu veranlassen. Die gefällten Obstbäume sollen zum nächstmöglichen Zeitpunkt adäquat ersetzt werden. Unseres Erachtens ist es angemessen, wenn für jeden gefällten Obstbaum 3 hochstämmige Obstbäume (alte gebietstypische Sorten) nachgepflanzt werden.

Mit E-Mail vom 12.06.2023 teilte uns die Stadt Wilsdruff mit, dass die Pflanzungen entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 8 herzustellen sind. In der nächsten Pflanzperiode (Herbst 2023) sind diese umzusetzen.

Die Streuobstwiese ist also wieder anzulegen. Der Verein hofft, dass diese nun tatsächlich dauerhaft Bestand haben wird und die Kleinopitzer sich über viele Generationen an dieser erfreuen können sowie, dass sie zahlreichen Arten einen Lebensraum bieten wird.